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Die Zuständigkeiten des Staatsgerichtshofs

Seine verfassungsrechtliche Funktion nimmt der Staatsgerichtshof im Rahmen der ihm durch Landesverfassung und Landesgesetze zugewiesenen Zuständigkeiten wahr. Dabei ist ihm jede Eigeninitiative verwehrt; Voraussetzung eines verfassungsgerichtlichen Verfahrens ist ein Antrag eines durch Verfassung und/oder Gesetz ausdrücklich ermächtigten Antragsberechtigten.
Die wichtigsten Zuständigkeiten des Staatsgerichtshofs werden in den folgenden Verfahren wahrgenommen:

In diesem Verfahren werden vor- und nachkonstitutionelle Rechtsnormen (Gesetze, Rechtsverordnungen, Satzungen) und Normentwürfe (sog. präventive Normenkontrolle) auf ihre Vereinbarkeit mit der Landesverfassung überprüft. Antragsberechtigt sind der Senat, die Bürgerschaft oder ein Fünftel der gesetzlichen Mitgliederzahl der Bürgerschaft oder eine öffentlich-rechtliche Körperschaft des Landes Bremen.

In diesem Verfahren geht es um die Abgrenzung der Zuständigkeits- und Kompetenzbereiche von Verfassungsorganen der Freien Hansestadt Bremen, insbesondere um verfassungsrechtliche Streitigkeiten zwischen Bürgerschaft und Senat. Antragsberechtigt sind Verfassungsorgane oder Teile von ihnen, die durch die Bremische Landesverfassung oder die Geschäftsordnung der Bürgerschaft mit eigenen Rechten ausgestattet sind.

In diesem Verfahren soll ohne den unmittelbaren Anwendungsbezug der beiden ersten Verfahrensarten der Inhalt des bremischen Verfassungsrechts verbindlich festgestellt werden. Antragsberechtigt sind die unter Ziff. 1 Genannten.

Kommt ein Gericht des Landes Bremen bei der Anwendung eines Landesgesetzes auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, zu der Überzeugung, dass das Gesetz mit der Landesverfassung nicht vereinbar ist, so setzt es sein Verfahren aus und führt eine Entscheidung des Staatsgerichtshofs herbei.

In Wahlprüfungsverfahren ist der Staatsgerichtshof Beschwerdegericht. Über die Gültigkeit einer Bürgerschaftswahl oder von Teilen einer Bürgerschaftswahl sowie über die Gültigkeit eines Volksbegehrens oder eines Volksentscheids sowie über weitere wahlrechtliche Fragen entscheidet ein Wahlprüfungsgericht (vgl. § 37 Abs. 1 WahlG, § 27 Abs. 1 Ziff. 1 VolksentscheidG). Die Prüfung erfolgt nur auf Einspruch. Den Einspruch kann jeder Wahlberechtigte, jede an der Wahl beteiligte Partei und Wählervereinigung sowie jede sonstige Gruppe von Wahlberechtigten und in amtlicher Eigenschaft der Landeswahlleiter und der Präsident der Bürgerschaft einlegen. Gegen die Entscheidung des Wahlprüfungsgerichts kann innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Beschlusses mittels schriftlicher Beschwerde der Staatsgerichtshof angerufen werden (§ 39 WahlG, § 27 Abs. 1 Ziff. 1 VolksentscheidG).
Bis zur Novellierung des Wahlgesetzes und des Gesetzes über den Staatsgerichtshof im Jahre 1996 entschied der Staatsgerichtshof über Beschwerden gegen Entscheidungen des Wahlprüfungsgerichts nicht in seiner Eigenschaft als Verfassungsgericht, sondern als Wahlprüfungsgericht II. Instanz (vgl. dazu BremStGH, Beschl. vom 29.10.1952, St 2/1951, BremStGHE 1, 173, 175).

Hält der Senat die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung eines Volksbegehrens nicht für gegeben, so führt er die Entscheidung des Staatsgerichtshofs darüber herbei. Der Staatsgerichtshof stellt in seiner Entscheidung fest, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung des Volksbegehrens gegeben sind (§ 31 StGHG).
Nach § 4 des Gesetzes über das Verfahren beim Bürgerantrag kann gegen die Zurückweisung eines Bürgerantrags eine Entscheidung des Staatsgerichtshofs beantragt werden (vgl. § 32 StGHG.

Eine individuelle Grundrechtsklage, die von jedermann mit der Behauptung erhoben werden kann, durch die öffentliche Gewalt in einem seiner Grundrechte verletzt zu sein (so Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG für die Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht), kennt die Verfassung der Freien Hansestadt Bremen nicht.